Die Psalmen, eine Symphonie des Gebets in der Bibel

19. Juni 2024 in Aktuelles


Franziskus: Die Psalmen sind von Gott inspiriert und ‚atmen‘ Gott jedes Mal, wenn sie im Glauben gelesen werden. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. In aller Weisheit belehrt und ermahnt einander! Singt Gott Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder in Dankbarkeit in euren Herzen! Alles, was ihr in Wort oder Werk tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Dankt Gott, dem Vater, durch ihn!“ (Kol 3,16-17).

Vierundzwanzigste Generalaudienz des Jahres 2024. Papst Franziskus setzte seinen Katechesenzyklus mit dem Titel „Der Geist und die Braut. Der Heilige Geist führt das Volk Gottes zu Jesus, unserer Hoffnung“ fort. In der vierten Katechese beschäftigte sich der Papst mit dem Thema „Der Geist lehrt die Braut zu beten. Die Psalmen, eine Symphonie des Gebets in der Bibel“.

Der heilige Ambrosius schreibe: „Die ganze Heilige Schrift atmet die Güte Gottes, besonders aber das liebliche Buch der Psalmen“. Diese seien gleichsam eine Symphonie des Gebets, deren Komponist der Heilige Geist selber sei.

In ihr fänden wir verschiedene Formen des Gebets wie Lob, Dank, Flehen, Klage und Bitte um Erbarmen. Wenn wir also mit den Psalmen beteten, weite sich unser Horizont. Die Psalmen seien auch fester Bestandteil der Liturgie und so stimme die ganze Gemeinschaft der Kirche in das Beten Jesu, seiner seligen Mutter und der Apostel ein, die selbst mit den Psalmen gebetet hätten:

„Wir alle sind eingeladen, uns diese Worte ‚für alle Jahreszeiten‘ des Lebens zu eigen zu machen und uns damit gut auf das kommende Heilige Jahr vorzubereiten“.

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Wie also in jeder Symphonie gebe es auch hier verschiedene „Sätze“, also verschiedene Arten des Gebets: Lobpreis, Dank, Bittgebet, Klage, Erzählung, weisheitliche Reflexion und andere, sowohl in der persönlichen Form als auch in der chorischen Form des ganzen Volkes. Dies seien die Lieder, die der Geist selbst auf die Lippen der Braut, seiner Kirche, gelegt habe. Alle Bücher der Bibel seien vom Heiligen Geist inspiriert, „aber das Buch der Psalmen ist es auch in dem Sinne, dass es voll poetischer Inspiration ist“.

Die Psalmen nähmen im Neuen Testament einen bevorzugten Platz ein. Tatsächlich gebe es Ausgaben, die das Neue Testament und die Psalmen zusammen enthielten.

Nicht alle Psalmen - und nicht alles von jedem Psalm - könnten von Christen und noch weniger vom modernen Menschen wiederholt und sich zu eigen gemacht werden. Sie spiegelten zuweilen eine historische Situation und eine religiöse Mentalität wider, die nicht mehr unsere eigene sei.

Das bedeute nicht, dass sie nicht „inspiriert“ seien, sondern dass sie in mancher Hinsicht an eine Zeit und ein vorläufiges Stadium der Offenbarung gebunden seien, wie dies auch bei vielen antiken Gesetzen der Fall sei.

Was die Psalmen für die Aufnahme unsererseits am meisten empfehle, bestehe darin, dass sie das Gebet von Jesus, Maria, den Aposteln und allen christlichen Generationen vor uns gewesen seien: „Wenn wir sie rezitieren, hört Gott sie zusammen mit jenem großartigen ‚Orchesteraufbau‘, die die Gemeinschaft der Heiligen ist“.

Die Verwendung der Psalmen im Neuen Testament sei von den Kirchenvätern und der gesamten Kirche übernommen worden, die sie zu einem festen Bestandteil der Feier der Messe und des Stundengebets gemacht hätten. „Die ganze Heilige Schrift atmet die Güte Gottes“, schreibe der heilige Ambrosius, „besonders aber das liebliche Buch der Psalmen“.

Doch wir könnten nicht einfach vom Erbe der Vergangenheit leben: „Wir müssen die Psalmen zu unserem Gebet machen. Es ist geschrieben worden, dass wir in gewissem Sinne selbst zu ‚Autoren‘ der Psalmen werden müssen, indem wir sie uns zu eigen machen und mit ihnen beten“. Wenn es Psalmen oder auch nur Verse gibt, die unser Herz ansprächen, dann sei es gut, sie zu wiederholen und sie während des Tages zu beten. Die Psalmen seien Gebete „für alle Jahreszeiten“: „Es gibt keine Stimmung und kein Bedürfnis, das in ihnen nicht die besten Worte findet, um sie in Gebet zu wandeln. Im Gegensatz zu allen anderen Gebeten verlieren die Psalmen durch die Wiederholung nicht ihre Wirksamkeit, sondern verstärken sie im Gegenteil. Warum? Weil sie von Gott inspiriert sind und Gott ‚atmen‘, jedes Mal, wenn sie im Glauben gelesen werden“.

Wenn wir uns von Gewissensbissen und Schuldgefühlen belastet fühlten, könnten wir mit David wiederholen: „Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen“ (Ps 51,3). Wenn wir eine starke persönliche Bindung an Gott zum Ausdruck bringen wollten, sagten wir: „ Gott, mein Gott bist du, dich suche ich, es dürstet nach dir meine Seele. Nach dir schmachtet mein Fleisch wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser“ (Ps 63,2). Nicht umsonst habe die Liturgie diesen Psalm in die Laudes der Sonntage und Hochfeste aufgenommen. Wenn Angst und Sorge uns bedrängten, kämen uns diese wunderbaren Worte zu Hilfe: „Der Herr ist mein Hirt [...]. Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich“ (Ps 23,1.4).

Die Psalmen erlaubten uns, unser Gebet nicht zu verarmen, indem wir es nur auf Bitten reduzierten, auf ein ständiges „gib mir, gib uns...“. Wir lernten von unserem Vater, der vor der Bitte um das „tägliche Brot“ sagt: „Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe“. Die Psalmen „helfen uns, uns für ein weniger egozentrisches Gebet zu öffnen: ein Gebet des Lobes, des Segens, des Dankes; und sie helfen uns auch, die Stimme der ganzen Schöpfung zu werden, indem wir sie in unser Lob einbeziehen“.

„Möge der Heilige Geist“, so Franziskus abschließend, „der der Kirche und Braut die Worte gab, um zu ihrem göttlichen Bräutigam zu beten, uns helfen, sie heute in der Kirche erklingen zu lassen und dieses Vorbereitungsjahr auf das Jubiläum zu einer Symphonie des Gebets zu machen“.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Brüder und Schwestern, lassen wir uns vom Rhythmus der Psalmen erfassen, der uns hilft, immer mit Christus vereint zu bleiben. Auf diese Weise wird der Heilige Geist unser ganzes Leben in einen Lobpreis Gottes verwandeln können.

Die Pilger und Besucher aus Polen grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Ich grüße die Polen ganz herzlich. Wir danken dem Herrn für den neuen Seligen, den Märtyrer des Kommunismus, Pater Michał Rapacz, und beten, dass sein Zeugnis in diesen von Kriegen geprägten Zeiten ein Zeichen des Trostes Gottes sein möge. Sein Beispiel möge uns lehren, Gott treu zu sein, auf das Böse mit dem Guten zu antworten und zum Aufbau einer geschwisterlichen und friedlichen Welt beizutragen. Seliger Pater Michał, halte Fürsprache für Polen und für den Frieden in der Welt!

Foto (c) Vatican Media

 


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